Markus Stamm
«4 weiss» und «6 rot»: die Weine von WeinSTAMM sind einprägsam und gut etabliert. Markus Stamm ist im Familienbetrieb als Kellermeister für die Weinbereitung zuständig. Ausdauer, Demut und Leidenschaft hat er von seinen Eltern Thomas und Mariann vorgelebt bekommen. Ihr gemeinsames Credo: vielseitiger Weingenuss aus Schaffhausen.
Markus Stamm ist ausgebildeter Winzer und studierter Oenologe. Seit knapp fünf Jahren arbeitet er im Familienweingut, das seine Eltern Thomas und Mariann Stamm in den 1980er-Jahren gegründet und aufgebaut haben. Wie kam es zur bekannten Weinlinie «Genusswerte»? Wie ist die Zusammenarbeit mit den Eltern? Und wie steht der Weinmacher zum Bioanbau? Urs Fischer im Gespräch mit Markus Stamm.
Markus im Gespräch
Markus, eure Familie ist seit Generationen in Thayngen in der Landwirtschaft tätig. 1982 hat dein Vater Thomas sein eigenes Weingut gegründet. Wie ist es dazu gekommen?
Meine Eltern hatten bis Anfang der 1980er-Jahre einen klassischen Mischbetrieb mit Milch, Mast und Ackerbau. Die Grösse des Betriebes veranlasste sie jedoch dazu, sich neu auszurichten. Meine Eltern haben dann komplett auf den Rebbau umgestellt und sich so ganz auf ihr Hobby spezialisiert. Zu dieser Zeit konnte man in der Gemeinde Thayngen noch problemlos Rebflächen pachten, da diese seit Ende des 19. Jahrhunderts mehr oder weniger ungenutzt waren. Und so haben Thomas und Mariann Schritt für Schritt Reben erworben und ihr neues Standbein aufgebaut. Ursprünglich hat man den Wein noch durch Dritte machen lassen und sich ausschliesslich dem Rebbau gewidmet. 1995 hat mein Vater dann seine eigene Kellerei gegründet. Seither machen wir vom Rebschnitt bis zur Flaschenfüllung unseren eigenen Wein.
Ihr bewirtschaftet eine Fläche von rund 13.5 Hektar und kauft Trauben von weiteren fünf Hektar hinzu. Euer Sortenspiegel ist hierfür sehr vielseitig und euer Weinsortiment gross. Was ist eure Philosophie resp. Idee dahinter?
Zu Beginn gab es in der Ostschweiz nur Blauburgunder und Müller-Thurgau. Das war uns natürlich zu wenig, da wir wussten, dass in unserer Gegend noch viel mehr Sorten wunderbar gedeihen. Auch haben wir schon sehr früh mit Spezialitäten angefangen. Seit 1995 bewirtschaften wir auch pilzwiderstandsfähige Rebsorten (Piwi-Rebsorten), welche wir deutlich weniger bis gar nicht spritzen müssen. Und so sind die Rebvielfalt und unser Sortiment dann gewachsen.
Was hat sich seit dem Eintritt von dir im Jahr 2015 verändert?
Ich hatte als Kellermeister einen sehr guten Vorgänger, daher wollte ich nicht von Beginn weg alles sofort ändern. Neu ist seither sicher, dass wir unseren Blauburgundern, welche im Holzfass ausgebaut werden, deutlich mehr Zeit zum Reifen geben. Sie sind oft zwei Jahre im Holzfass und danach noch mindestens ein halbes Jahr auf der Flasche, bis sie in den Verkauf gelangen. Damit erhalten die Weine etwas mehr Fülle und eine schöne Reife. Bei den Weissweinen sind wir meiner Meinung nach fruchtiger geworden, wir verzichten hier mittlerweile fix auf den biologischen Säureabbau. Und schlussendlich haben wir mit der Inbetriebnahme der neuen Kellerei im Jahr 2018 in allen Belangen nochmals einen grossen Schritt machen können. Aber der Grundgedanke und die kompromisslose Ausrichtung auf Qualität sind nach wie vor unverändert.
Was sind die Vorteile, aber auch die Herausforderungen in einem Zweigenerationen-Betrieb, wie du ihn gemeinsam mit deinem Vater führst?
Der Vorteil ist vielleicht die Ruhe und Beständigkeit. Und der Nachteil ist natürlich auch die Ruhe und Beständigkeit ;-). Ich profitiere über das ganze Weinjahr hinweg natürlich von der langjährigen Erfahrung, die mein Vater im Rebbau hat. Er wird entsprechend weniger schnell nervös, wenn etwas halbwegs untypisch läuft. Der Nachteil ist, dass eine Änderung oder ein schneller Wechsel vielleicht etwas weniger gern gesehen werden. Aber für die Weinproduktion, die man mit Demut und Ausdauer anpacken sollte, sehe ich einen Zweigenerationen-Betrieb nicht als Nachteil.
Der Vorteil mit dem Vater zusammenzuarbeiten? Vielleicht die Ruhe und Beständigkeit. Und der Nachteil ist natürlich auch die Ruhe und Beständigkeit.
Eure Weinlinie «Genusswerte» hat sich gut etabliert. Die «Nummerierung» ist einprägsam und bei den Kunden beliebt. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?
Die Idee stammt von Thomas. Er wollte den Kunden einen Indikator geben, zu welchem Anlass oder welchem Essen welcher Wein passt. Er hat sich dabei überlegt, auf der Rückenetikette mit Farben oder geometrischen Figuren zu arbeiten, hat sich dann aber – ähnlich wie beim Autobau – für Zahlen entschieden. Mit der Zeit merkte er, dass ein entsprechender Vermerk auf der Rückenetikette von den Kunden zu wenig wahrgenommen wird. Und so hat er die Zahl des Weins zu dessen Name gemacht. So ist die Genusswert-Linie von 0 bis 9 entstanden: 0 bis 3 steht für leichte, fruchtige Apéroweine, 4 bis 6 für Essensbegleiter und 7 bis 9 für Charakterweine, bei welchen wir etwas ins Extreme gehen.
Biologischer Weinanbau ist in der Schweiz ein immer grösseres Thema. Stellt sich die Frage bei euch auch?
Ja natürlich. Die Frage stellt sich etwas übertrieben gesagt schon seit den 1980er-Jahren. Wir haben schon relativ früh auf pilzwiderstandsfähige Rebsorten gesetzt, welche wir gar nicht spritzen müssen – das ist unsere Taktik. Beim konventionellen Anbau verfolgen wir das Ziel, während möglichst langen Phasen, möglichst wenig Mittel einzusetzen. Wir haben uns daher entschieden, nicht auf biologischen Anbau umzustellen. Das hat mit dem grossen Aufwand für die Zertifizierung zu tun, aber auch damit, dass wir beim zertifizierten biologischen Anbau nicht alles als Vorteil sehen – weder für uns, noch für die Umwelt.
Die Weinproduktion sollte man mit Demut und Ausdauer anpacken.
Was ist deine Vision für WeinSTAMM? Wo siehst du euch in zehn Jahren?
Meine Vorstellung ist, dass WeinSTAMM in 20 Jahren ähnlich positioniert ist wie heute. Ich verfolge nicht das Ziel, im grossen Stil zu wachsen oder die Rebfläche zu vergrössern. Ich möchte gerne weiterhin naturnahe und nahe am Konsumenten Wein produzieren können. Und zwar unterschiedliche Typen – von leichten, fruchtigen, einfachen Weinen bis hin zu richtig schweren, ausserordentlichen Barriqueweinen.